Der Revisionsprozess läuft: Der Entwurf für die kommende DIN EN ISO 9001 (auf Deutsch und Englisch) ist bereits erschienen, ebenso der ISO/DIS 9001 (Draft International Standard, auf Englisch). Nach dem aktuellen Zeitplan sollen die neuen Fassungen der ISO 9001 und DIN EN ISO 9001 gegen Ende des Jahres 2026 erscheinen.
An den Beratungen der ISO-Arbeitsgruppe zur Revision sind auch Mitglieder des zuständigen DIN-Normenausschusses beteiligt. Wir haben drei von ihnen gefragt, was sie auf Grundlage des aktuellen Entwurfs von der kommenden Norm erwarten und welche Änderungen auf die Anwendenden zukommen.
Die geplanten Änderungen sind mitnichten vergleichbar mit der umfassenden Revision der ISO 9001 im Jahr 2015. Es handelt sich um Modifikationen, die zwei Absichten verfolgen:
Beide Veränderungen dienen also vor allem dazu, die Norm noch anwendungs- und nutzungsfreundlicher zu gestalten.
Als Normanwenderin gefällt mir am Entwurf zur neuen ISO 9001 ganz besonders die getrennte Betrachtung von Risiken und Chancen. Gerade im Qualitätsmanagement ist man so getrimmt auf die so wichtige Vermeidung bzw. zumindest die Minimierung von Risiken, dass es ein Umdenken ist, sich mit dem Chancenpotenzial zu beschäftigen. Oftmals haben ja die Qualitätsmanager*innen im Unternehmen den Ruf der „mahnenden Stimmen“. Vielleicht können sie nun eine ganz neue Qualität hinzugewinnen – als diejenigen, die das Unternehmen immer wieder an Chancen erinnern.
Gravierende Änderungen oder Anpassungen des QM-Systems sind aus meiner Sicht nicht notwendig. Die ISO 9001 fordert weiterhin nur so viel dokumentierte Information wie nötig und für das Unternehmen sinnvoll. Die ISO 9001 ist und bleibt an dieser Stelle schlank.
Ich glaube aber, dass Qualität einen breiteren Blickwinkel benötigt. Das liegt allerdings weniger an einer aktualisierten ISO 9001 als an der Vielzahl der Entwicklungen im Umfeld. Eine fundierte und auf das Unternehmen zugeschnittene Analyse des Kontexts der Organisation und das Ableiten von Maßnahmen sowie eine ehrliche Bewertung derselben auf Wirksamkeit dazu ist für mich zentral.
Diskussionspotenzial bei Audits bietet vor allem das Thema ISO 9001 und Nachhaltigkeit. Abschnitt 4.1, Verstehen der Organisation und ihres Kontextes, wurde um die Forderung erweitert, dass bestimmt werden muss, ob das Thema Klimawandel für die Organisation relevant ist. Auch in Abschnitt 4.2 gibt es eine ergänzende Anmerkung dazu. Beides ist bereits in Kraft.
Gleichgültig, ob es wir den Klimawandel als relevant für das QM-System sehen oder nicht – spätestens über gesetzliche oder kundenspezifische Anforderungen an grüne Produkte und Dienstleistungen betrifft das Thema Nachhaltigkeit das QM-System.
Eine Normenrevision ist auch immer eine Chance für eine Wirksamkeitsprüfung des eigenen QM-Systems. Stellen Sie sich die Frage: Was hat sich bei uns geändert? Und: Berücksichtigen wir diese Veränderungen schon in unserem QM-System? Füllen Sie diese Normforderungen mit Ihrer (vielleicht veränderten) Unternehmensrealität.
Vielleicht bietet auch der neugestaltete Anhang der ISO 9001 Impulse und Hilfestellungen für Sie, um Ableitungen für das eigene QM-System zu treffen. Darüber hinaus empfehle ich eine differenzierte Auseinandersetzung mit dem Thema Chancen.
Ich selbst profitiere immer vom Austausch mit anderen Fachexpert*innen, die mir ihre Sichtweisen und Interpretationen vermitteln. Genauso wichtig ist es mir aber auch, mit fachfremden Kolleg*innen ins Gespräch zu kommen: Von ihnen erfahre ich, ob das QM-System ihre veränderte Realität noch abdeckt. Daher: Lassen Sie uns miteinander sprechen!
Tanja Becker (MBA) ist Senior Expert Managementsysteme und Technical Compliance bei der TÜV SÜD AG. Sie ist Mitglied in den DIN-Ausschüssen NA 147-00-01 AA (Qualitätsmanagement) und NA 175 BR (Beirat des DIN-Normenausschusses Organisationsprozesse, NAOrg) sowie deutsche Vertreterin im ISO/TC 176/SC 1/TG 5 (ISO 9000 Terminology work). |
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Mit der Veröffentlichung des Entwurfs für den Draft International Standard (DIS) zur ISO 9001 sind die Rahmenbedingungen für die geplanten Änderungen festgelegt. Der Entwurf zeichnet sich durch die konsequente Anpassung an die neue „Harmonized Structure“ aus, die sich durch alle Abschnitte der Norm zieht. Die inhaltlichen Änderungen sind dabei meist geringfügig, mit einigen Ausnahmen.
Die weitreichendsten Neuerungen betreffen die dokumentierten Informationen, die künftig als Nachweis für die Wirksamkeit und Umsetzung dienen müssen. Zudem wird der Begriff „Outputs“ durch „Results“ ersetzt. Dies geschieht primär, um Übersetzungsprobleme in verschiedenen Ländern zu vermeiden.
Eine auffällige Ergänzung findet sich in Abschnitt 3, der alle Begriffe aus der harmonisierten Struktur für Managementsystemnormen aufnimmt. Dabei bleibt der Bezug zur Terminologie-Norm DIN EN ISO 9000 erhalten. Die Arbeitsgruppe WG 29 (die vom Technischen Komitee ISO/TC176/SC2 mit der Überarbeitung beauftragt worden war) hat sich zudem bemüht, die Formulierungen verständlicher zu gestalten, indem sie die Anmerkungen zu den Anforderungen auf Aktualität und Vollständigkeit überprüft hat.
Ein zentrales Ziel der Revision ist es, den Nutzern mehr Hilfestellung bei der Anwendung und Interpretation der Normenanforderungen zu geben. Aus diesem Grund wurde der informative Anhang A „Erläuterung der Struktur, Terminologie und Konzepte“ grundlegend überarbeitet, um das Verständnis zu erleichtern.
In den folgenden Abschnitten gab es wichtige Änderungen:
Der Inhalt des 2024 erschienenen Amendments zum Klimawandel (ISO 9001 AMD 1:2024-02 bzw. DIN EN ISO 9001/A1:2024-11) wurde integriert. In Abschnitt 4.2 wird der Klimawandel nun explizit als relevantes externes Thema genannt. Dies ist keine neue Anforderung, sondern eine Klarstellung, die den Einfluss der Organisation auf den Klimawandel und ihren möglichen Beitrag zu den UN-Klimazielen hervorhebt. Dies hat der NA 147 (DIN-Normenausschuss Qualitätsmanagement, Statistik und Zertifizierungsgrundlagen) in seiner Stellungnahme zu Interpretationsanfragen zur ISO 9001 noch einmal bekräftigt.
In Abschnitt 5.1.1 wurde die „Förderung einer Qualitätskultur und ethischen Verhaltens“ neu aufgenommen, um das Mindset einer Organisation stärker zu betonen. Eine weitere Neuerung in Abschnitt 5.2.1 e) soll mit der Anforderung „... Kontext der Organisation und unterstützt deren strategische Ausrichtung“ eine Verbindung zwischen der Kontextanalyse und der strategischen Ausrichtung des Unternehmens herstellen.
Der Abschnitt 6.1 „Maßnahmen zum Umgang mit Risiken und Chancen“ wurde in zwei Unterabschnitte unterteilt: 6.1.2 „Maßnahmen zum Umgang mit Risiken“ und 6.1.3 „Maßnahmen zum Umgang mit Chancen“. Dieser längst überfällige Schritt erleichtert den Anwendern die Abgrenzung von Risiken und Chancen im betrieblichen Umfeld. Nun ist es möglich, gezielte Maßnahmen zur Risikominimierung zu planen und unabhängig davon aktiv nach neuen Chancen zu suchen. Abschnitt 6.3 wurde zudem um erweiterte Planungsanforderungen in den Unterpunkten e), f) und g) ergänzt.
In Abschnitt 7.3 „Bewusstsein“ wurde die Anforderung e) „Qualitätskultur der Organisation und ethisches Verhalten“ ergänzt, die ein Gegenstück zu den erweiterten Anforderungen in Abschnitt 5.1.1 darstellt.
Zusätzliche Anmerkungen in den Abschnitten 5.1.1, 8.2, 8.3.1, 8.3.3, 8.5.1, 9.3.2 und 10.2.1 sollen den Nutzern die Auslegung und Interpretation der Norm erleichtern.
Da die inhaltlichen Änderungen im DIS überschaubar sind, wird voraussichtlich kein nennenswerter Mehraufwand für die Organisationen entstehen. Bei künftigen Audits wird es jedoch spannend zu sehen, wie die Auditoren die Qualitätskultur und das ethische Verhalten bewerten. Auch die Prüfung der dokumentierten Informationen wird sich ändern: Der Fokus liegt nun stärker darauf, ob diese als Nachweis für die Umsetzung und Wirksamkeit dienen, anstatt nur ihre reine Existenz zu überprüfen.
Dr. Frank Bünting ist stellvertretender Leiter der Abteilung Business Advisory beim Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA) in Frankfurt und dort für den Themenbereich Qualitätsmanagement verantwortlich. Er ist Mitglied in der ISO TC 176/SC 2 Arbeitsgruppe zur Überarbeitung der ISO 9001 und stellvertretender Vorsitzender des DIN-Normenausschusses NA 147 (Qualitätsmanagement, Statistik und Zertifizierungsgrundlagen, NQSZ). |
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Ein erster Ausblick auf die kommende ISO 9001 ist jetzt möglich: Der DIN EN ISO 9001:2025-09 - Entwurf ist bereits erschienen. Fachleute und Organisationen können ihn jetzt kommentieren, anschließend berät das zuständige Technische Komitee (ISO/TC 176/SC 2) ihn erneut. Die nächsten Stationen sind der finale Entwurf (ISO/FDIS) und schließlich die revidierten Normen ISO 9001 und DIN EN ISO 9001. Beide Dokumente werden für Ende 2026 erwartet.
Auch wenn bis dahin noch Änderungen denkbar sind, lässt der Entwurf bereits einige Grundlinien erkennen. Die Mitglieder im ISO-Komitee haben sich darauf verständigt, dass Titel und Anwendungsbereich unverändert bleiben. Auch bei den Anforderungen wird es voraussichtlich keine umfangreichen Änderungen geben.
Sicher ist, dass die Struktur an die aktuelle einheitliche und vorgegebene ISO-Struktur für Managementsystemnormen (Harmonized Structure, HS) angeglichen wird. Da diese Struktur 2024 mit Hinweisen auf klimawandelbezogene Maßnahmen ergänzt wurde, werden sich diese Ergänzungen auch in der kommenden Version der ISO 9001 wiederfinden.
Hauptsächlich liegt der Fokus aber auf der Verbesserung der Nutzungsfreundlichkeit und Anwendbarkeit der Norm. Eingang in die Diskussionen gefunden haben dabei unter anderem die Ergebnisse einer Umfrage unter Anwender*innen der ISO 9001 gefunden, ebenso wie die Ergebnisse der Treffen einer Gruppe von Fachleuten, die sich mit neuen Trends wie Klimawandel, Digitalisierung oder demografischem Wandel beschäftigt haben.
Die Aussicht auf eine grundsätzlich stabile Fassung ohne tiefgreifende Änderungen hat den Vorteil, dass der Aufwand bei Anpassungen sich in Grenzen hält. Andererseits sind die Anwender*innen der ISO 9001 in ihren Organisationen ohnehin immer wieder mit neuen Themen und Trends konfrontiert. Wenn diese in die Neuausgabe der ISO 9001 aufgenommen werden, lassen sie sich im Kontext ihres QM-Systems besser integrieren.
Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass neu aufgenommene Erläuterungen einzelner Punkte (in zusätzlichen Anmerkungen und einem komplett überarbeiteten Anhang A) mehr Klarheit und Eindeutigkeit schaffen. Dadurch lassen sich Fehlinterpretationen vermeiden.
DIN- und ISO-Normen dienen – neben anderen Regelwerken – als Grundlagen für Audits und Zertifizierungen. Welche Standards im Rahmen der Konformitätsbewertung genutzt werden, entscheiden schlussendlich der Markt bzw. die Anwender*innen – oder, im gesetzlich geregelten Bereich, die Gesetzgebung. Auch Konformitätsbewertungsstellen und deren Auditor*innen sind Anwender*innen der Norm. Einige von ihnen arbeiten bei der Revision mit. Wenn in der Norm neue Anforderungen festgelegt werden, müssen diese natürlich auch auf dieser Ebene umgesetzt werden.
Im Rahmen von Konformitätsbewertungsverfahren werden Vorgaben zur Gültigkeit von Zertifikaten oder Auswirkungen auf die konkrete Durchführung von Audits festgelegt – und zwar von den Konformitätsbewertungsstellen, die wiederum auf Basis der Vorgaben der Deutschen Akkreditierungsstelle (DAkkS), der European Cooperation for Accreditation (EA) und des International Accreditation Forum (IAF) tätig sind. Übergangsregelungen im Hinblick auf die Anwendung von revidierten Normen – hier: der ISO 9001 – werden wie bisher vom IAF nach Veröffentlichung der revidierten Normen beschlossen und bekannt gemacht.
Wer wissen möchte, wie es mit der ISO 9001 weitergeht, kann sich direkt hier auf der Themenseite zur Revision der ISO 9001 oder auf der Homepage des DIN-Normenausschusses Qualitätsmanagement, Statistik und Zertifizierungsgrundlagen (NQSZ) informieren. Auch das Technische Komitee ISO/TC 176/SC 2, das für die ISO 9001 verantwortlich ist, informiert auf seiner Homepage regelmäßig.
Mein Tipp: Abonnieren Sie den kostenlosen Normungsmonitor, um per E-Mail über Entwürfe und Revisionen (nicht nur der ISO 9001) auf dem Laufenden zu bleiben.
Dipl.-Ing. Kristofer Proll ist Teamkoordinator im DIN-Normenausschuss NA 147 (Qualitätsmanagement, Statistik und Zertifizierungsgrundlagen, NQSZ). |
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